Vielleicht hat es mit dem Reiferwerden zu tun, dass die schwärmerische Sehnsucht der romantischen Landschaft des 19. Jahrhunderts, die mir so lange Zeit unendlich nah war, mir immer weniger Entsprechung meiner inneren Seelenlandschaften scheint.
Mit der zunehmend verinnerlichten Erkenntnis, dass Leben höchst zerbrechlich und unausweichbar endlich ist, wächst in mir, scheint es, auch das Bedürfnis nach Effizienz und Intensität. So zieht mich zunehmend das Extreme archaischer Landschaften an. Die Wüste war mir eine solche Begegnung. Doch andererseits: Wie war dazu zu arbeiten? Wie konnte ich dieser Landschaft ein meiner Individualität entsprechendes bildnerisches Ergebnis abringen? Die unglaubliche Perfektion der Formen und Strukturen, wie auch Wasser sie in ähnlicher Weise zu bilden vermag, die mit eindrucksvoller Präzision festgelegten Schüttwinkel des Sandes, dem oft geradezu erotisch wirkenden Spiel von schwingenden Formabläufen, das Verharren erzwingende, alles verzaubernde Licht vor Sonnenuntergang, das jedes Gespräch stockend machte. Dem allem schien nichts hinzufügbar. Ich glaubte nicht, malerisch dieser Vollendung der Natur etwas entgegensetzen zu können. Meinen Mitteln von Malerei, die der Reibung am Objekt, der Auseinandersetzung bedürfen, bot sich keine Angriffsfläche. Das Gesehene schien Sprache genug, schlimmstenfalls profanisierbarwn der Welt der Werbung, im Kontext mit schicken Mobilen und Pin-ups.
Erst Jahre später, während meines „Artist in Residence“- Aufenthaltes an der Chiang Mai Universität in Nordthailand hatte ich den nötigen zeitlichen, räumlichen und mentalen Abstand, in einer Mischung aus gegenläufigen Malerei -und Drucktechniken eine hinreichend spröde Zugriffsform zu finden, die der Gefahr des zu Glatten oder Süsslichen entgehen konnte.
Frank Rödel, 2005